"Flexibilisierung der Energieumwandlung als Maßnahme zur Senkung des Energiebedarfs von Gebäuden"

Zukunfts-Dialog: Gastartikel von Professor Martin Kriegel

Die Energiewende ist von der Bundesregierung beschlossen. Zur Erreichung des Ziels, 80 % weniger Primärenergie aus fossilen Brennstoffen, ist es zwangsläufig notwendig, die Gebäude zu betrachten, denn ca. 40 % der Primärenergie wird derzeit für die Versorgung von Gebäuden aufgewendet.

Durch die zunehmende Nutzung regenerativer Energien, wie Sonne, Wind und Luft haben wir ein hoch dynamisches Energieangebot. Im Zuge des Strebens nach weniger Energieverbrauch, wird auch der Nutzenergiebedarf flexibilisiert. Somit haben wir sowohl bei der Energiegewinnung als auch bei der Nutzung dynamische Prozesse. Es ist angestrebt, das zeitabhängige Angebot der Umweltenergien zu günstigen Zeiten abzuschöpfen und dann nutzerspezifisch bereitzustellen. Die Umwandlungskette von Primärenergie in Endenergie und schließlich Nutzenergie soll dabei möglichst effizient erfolgen. Diesen Forderungen gerecht zu werden, ist eine große Aufgabe für die Ingenieurwissenschaften.

Eine direkte Kopplung zwischen Energieangebot und Nutzung ist nicht möglich. Somit müssen die Systeme technisch getrennt werden. Der Einsatz von Speichertechnologien bietet sich dabei an. Das ist Stand der Technik.

Wenn zum Beispiel über Solarthermie oder eine Wärmepumpe Heizwasser bereitgestellt und über den Speicher zu den Heizflächen transportiert wird, so geschieht dies mit einer nahezu konstanten Vorlauftemperatur, unabhängig wie hoch die Temperatur vor oder in dem Speicher ist und zu welcher Zeit. Die Effizienz der Umwandlung ist damit nicht optimal. Insbesondere höhere Temperaturen werden auf ein tieferes Niveau reguliert, was energetisch und exergetisch Nonsens ist.

Wir benötigen keine stationären Vorlauftemperaturen auf der Nutzungsseite. Heute sind die Pumpen stufenlos regulierbar. Der Massenstrom kann nicht nur an den Heizwärmebedarf bei konstanter Vorlauftemperatur angepasst werden, sondern auch an das Temperaturniveau des Heizwassers. Dies führt bei niedrigem Heizenergiebedarf und vorliegender hoher Vorlauftemperatur zu einem instationären Pumpenbetrieb, z.B. pulsierend, mit partiell hohen Massenströmen und zeitweisem Stillstand, siehe Abbildung 1. Damit kann im Mittel der Massenstrom und die bereitgestellte Wärmemenge gesenkt werden, obwohl hohe Vorlauftemperaturen vorliegen.

 

Abbildung 1: Schematische Darstellung des instationären Pumpenbetriebs; Grafik: Martin Kriegel, TU-Berlin

 

Dieser instationäre Betrieb ist sowohl bei Heizkörpern als auch bei Flächenheizungen einsetzbar. Insbesondere die Flächenheizungen operieren mit niedrigen Systemtemperaturen und sind gekennzeichnet durch ein träges Regelverhalten. Mit höheren Vorlauftemperaturen und einer instationären Betriebsweise können mehrere Vorteile erreicht werden:

  • schnellere Reaktionszeiten und dadurch bedarfsgerechter Einsatz,
  • Verwendung hoher Vorlauftemperatur und damit einfache Kopplung mit anderen Heizflächen,
  • Senkung der benötigten Hilfsenergie durch Reduktion des Massenstroms,
  • Verbesserung der Effizienz der Umwandlung von Primärenergie in Nutzenergie

Im aktuell laufenden und aus Mitteln der Forschungsinitiative Zukunft Bau des BBSR geförderten Forschungsprojekt „Entwicklung einer Regelung für Flächenheizsysteme zur Minderung der Pumpenergie, zur bedarfsgerechteren Beheizung und zur einfacheren Systemintegration verschiedener Heizflächen“ werden systematische Untersuchungen zum instationären Betrieb einer Heizungsanlage durchgeführt. Nähere Informationen hierzu erhalten Sie über das HRI der TU Berlin (www.hri.tu-berlin.de).

 

Autor:

Prof. Dr.-Ing. Martin Kriegel, Hermann-Rietschel-Institut, TU Berlin