GreenCooling - Aktivierte Gründachkühlung

Zukunfts-Dialog: Gastbeitrag von Prof. Dr.-Ing. Martin Behne und Prof. Dr.-Ing. Ulrich Finke

Zukünftige Neubauten müssen gemäß der EU-Gebäudeeffizienz-Richtlinie ab 2020 einen „nahezu Null-Energiestandard“ aufweisen. Eine hohe Wärmedämm-qualität und die Luftdichtheit neuer Gebäude ist somit Standard in Deutschland geworden. Im Wohnsektor war bisher das Heizen bestimmend für den (nicht-erneuerbaren) Primärenergiebedarf, der über die CO2-Emission mit- verantwortlich für den bevorstehenden Klimawandel ist. Vor dem Hintergrund der zu erwartenden extremeren Sommerbedingungen werden insbesondere bei modernen Gebäuden mit großen Glasflächen viel häufiger unbehagliche Innenraumbedingungen in Folge der sommerlichen Wärmebelastung auftreten. Die Bedeutung der Kühlung auch von Wohnräumen wird folglich zunehmen. Aufgabe bei der Planung nachhaltiger Gebäude wird es daher auch sein, Lösungen zu entwickeln, die einen guten thermischen Wohnkomfort bei geringem Primär-Energiebedarf sicherstellen. Hier setzt das im Folgenden kurz beschriebene GreenCooling an.

Mit der aktuellen Ausgabe der DIN 4108, Teil 2 , die u.a. den sommerlichen Mindestwärmeschutz regelt, kann der Einsatz passiver Kühlung als Möglichkeit zur Einhaltung der Mindestanforderungen im Sommer berücksichtigt werden.
Gemeint sind hier z.B. Systeme, die „Energie ausschließlich zur Förderung des Kühlmediums“ einsetzen, d.h. Umwälzpumpen oder Ventilatoren, und es wird vorausgesetzt, dass „in der Regel thermisch aktivierte Bauteile mit Nutzung eines Sohlplattenkühlers oder Erdwärmetauschers (geothermische Kühlung), kein bivalenter Betrieb mit Kältemaschinen“ verwendet werden, oder „Systeme mit Kühlung über indirekte Verdunstung (monovalente Betriebsweise)“.

Im Wohnungsneubau sind solche Systeme kein Standard, können mit erheblichen Mehraufwand (Anlagentechnik, Platzbedarf, Investitionskosten) verbunden sein und erfordern ein frühzeitiges Berücksichtigen im Planungs- ablauf (Integrale Planung). Letzteres ist leider immer noch zu selten gängige Planungspraxis.

Die Kühlung von Raumflächen ist in Fachkreisen schon seit über 30 Jahren als besonders behaglich für die Raumnutzer bekannt. Im Bürosektor ist seit etwa 20 Jahren die Deckenkühlung nicht mehr aus der Komfortklimatisierung wegzudenken. Im modernen Wohnungsbau wird immer häufiger der Fußboden als Heizfläche genutzt und noch selten, aber in letzter Zeit doch erkennbarer, gilt das auch für die Wandflächen, über die natürlich gekühlt werden kann.

GreenCooling verwendet ohnehin für Heizzwecke eingebaute Systeme zur Flächentemperierung. Über diese wird die im Sommer im Raum anfallende Kühllast zwischen gespeichert, mittels Kühlmittelkreis abgeführt und schließlich an die Umgebung abgegeben. Neben dem Wärmeeintrag spielt für den
erreichbaren thermischen Komfort im Sommer die Bauartschwere ebenso eine entscheidende Rolle wie die Rückkühlung. Hierfür wird eine extensiv begrünte Dachfläche „zweckentfremdet“, in deren Substrat ein System aus Kapillarrohrmatten auf einem Kapillarflies verlegt ist und vom Kühlmittel durchflossen wird. Die Verdunstungsvorgänge an der Substratoberfläche sowie über die Pflanzen ermöglichen die Rückkühlung in den Abend-, Nacht- und frühen Morgenstunden und somit die passive Kühlung der Räume.

Die Leistungsfähigkeit von GreenCooling wird z.Zt. im Rahmen eines Forschungssprojektes an der Beuth Hochschule für Technik untersucht. Ein Versuchsraum mit ca. 36 m² Nutzfläche und einem Fensterflächenanteil fWG von ca. 30% wird zunächst mit zwei Wandkühlflächen von jeweils ca. 11 m² (nass eingeputzte Kapillarrohrmatten) ausgestattet.

Der Versuchsstand wird einerseits zur Entwicklung der aktivierten Gründachkühlung GreenCooling eingesetzt und in die praxisorientierte Lehre der Studiengänge Gebäude- und Energietechnik sowie Planung nachhaltiger Gebäude einbezogen. Erste Messergebnisse werden im Sommer 2017 erwartet.
Hier gelangen Sie zum Download des Artikels zur Gründachkühlung.