"Wie wird die technische Zukunft unserer Immobilien aussehen?"

Zukunfts-Dialog: Gastartikel von Professor Weindel

Zu Beginn stellt sich die Frage, ob dabei zwischen Neubaumaßnahmen und sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden unterschieden werden muss.

Diese Unterscheidung ist grundsätzlich nicht erforderlich, wobei bei Bestandsgebäuden die vorzufindenden Rahmenbedingungen weitaus schwieriger sind. Daher ist aus wirtschaftlicher Sicht als erstes die Frage zu stellen, ob eine Sanierung/Revitalisierung oder ein Rückbau mit anschließender Neubaumaßnahme die Vorzugsvariante darstellt.

Verschiedene Megatrends zeichnen sich ab, wobei einige davon bereits voll im Gange sind. Bei diesen geht es um die Verminderung des Energiebedarfes durch die energetische Ertüchtigung der Bestandsgebäude, primär durch die Verbesserung der Dämmung der Gebäudehülle. Dadurch werden die Transmissionswärmeverluste gesenkt. Bei Bestandsgebäuden gestaltet sich die Ertüchtigung der Gebäudehülle häufig schwierig, da es beispielsweise einen unverhältnismäßig hohen Aufwand darstellt, eine Bodenplatte oder eine erhaltenswerte Fassade nachträglich zu Dämmen. Bei Neubaumaßnahmen sind bereits hohe Standards durch die EnEV definiert.

Viele Verbesserungspotenziale bei Bestandsgebäuden

Eine meist wirtschaftlichere Methode ist der zielgerichtete Einsatz von hocheffizienter Gebäudetechnik. Hier bestehen insbesondere bei Bestandsgebäuden viele Verbesserungspotenziale. Bereits mit geringinvestiven Maßnahmen kann ein hoher Nutzen erzielt werden, zum Beispiel durch einen hydraulischen Abgleich eines Heizungssystems oder durch den Einsatz von effizienter Pumpentechnik. Der höchste Nutzen kann im Regelfall durch den Austausch veralteter Gebäudetechnik durch moderne Anlagentechnik als Gesamtkonzept erzielt werden. Eine hocheffiziente Wärmebereitstellung durch moderne Anlagen oder die Nutzung von Umweltenergie über Solarthermie, Photovoltaik und Geothermie bergen erhebliche Energieeinsparpotenziale.

Jedoch ist dafür eine wesentliche Voraussetzung, dass ein möglichst niedriges Temperaturniveau für Heizzwecke bzw. ein möglichst hohes Temperaturniveau für Kühlzwecke erreicht werden kann. Dies bedeutet, dass bei gleichen thermischen Leistungen eine Vergrößerung der Wärmetauscherflächen notwendig ist.

Im "Doppelnutzen" liegt die Zukunft

Um diesem Umstand gerecht zu werden, eignen sich Kapillarrohrmatten in hervorragender Weise. Bei Neubaumaßnahmen ist die thermische Aktivierung von Gebäudemassen häufig ebenso eine sinnvolle Variante. Beide Systeme sind sowohl zum Heizen wie auch zum Kühlen unter der Gewährleistung eines höchsten Nutzerkomforts geeignet. Heizen und Kühlen mit einem System bedeutet, einen Doppelnutzen zu realisieren. Das Stichwort „Doppelnutzen“ passt gut auf eine zukünftig neue Sichtweise auf Immobilien.

In naher Zukunft, mit der zunehmenden Fortschreitung der Energiewende und der damit einhergehenden Umstellung auf schwerpunktmäßige regenerative Energieerzeugung, wird sich die Berechnung von Energietarifen stark an der jeweiligen Verfügbarkeit orientieren. In diesem Zuge werden Immobilien zunehmend neue Dienste erfahren. Diese werden dann das volatile Energieangebot aus Umweltenergie entsprechend der Verfügbarkeit nutzen und puffern und das Stromnetz verfügbarkeitsorientiert be- oder entlasten. Für diese Pufferung werden zunehmend intelligent geregelte, thermisch aktivierte Flächensysteme mit einer großen Speicherwirkung zum Einsatz kommen.

 

Autor:
Prof. Dipl.-Ing. Gerald Weindel, M. Eng., Studiengangsleiter Facility Management, Hamburger Fern-Hochschule